Ganz im geheimen, ohne jegliche Promo vorher haben die Kölner im stillen Kämmerchen Ihre neue Scheibe produziert und eben einfach mal so auf den Markt geschmissen. Wieso die Truppe das bewusst so fabriziert hat, und Antworten auf andere spannende Fragen findet Ihr im nun folgenden Interview.
BBU: Vielen Lieben Dank, das Ihr Euch ein wenig Zeit für mich nehmt. Die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es Euch?
ULTHA: So gut es einem in dieser kaputten Welt eben gehen kann. Aber zumindest ist „Converging Sins“ endlich veröffentlicht, wodurch wir zumindest die Band betreffend ein neues Kapitel aufschlagen konnten. Die Reaktionen waren bis jetzt alle ziemlich überwältigend, dass freut uns natürlich schon.
BBU: Ohne irgendwelche Promo und Ankündigungen habt Ihr Euch einfach mal ins Studio verzogen und die aktuelle Scheibe herausgebracht. Und das war ja eine bewusste Entscheidung. Was waren da Eure Beweggründe?
ULTHA: Also zunächst, „einfach mal“ klingt ein wenig so, als wäre „Converging Sins“ ein eher spontanes Ding gewesen - so ist es aber ganz und gar nicht. De facto entstand einer Songs auf dem Album bereits, als gerade unser erstes Album „Pain Cleanses Every Doubt“ rausgekommen war. Seitdem ist gefühlt sehr, sehr viel Zeit vergangen, und sehr viel Energie in die Planung und Umsetzung von „Converging Sins“ geflossen.
Der Hauptbeweggrund war der, dass wir es persönlich ziemlich enervierend finden, wie die Musikindustrie (und Metal ist da absolut keine Ausnahme) mittlerweile mit neuen Releases umgeht: Da gibt es zuerst nur eine kleine Ankündigung irgendwo, später einen kurzen Teaser, danach einen Studioreport, danach dann auf einer Website einen ersten Song, zwei Wochen später auf einer anderen Website einen zweiten usw. usf. Ein neues Album wird so schon völlig ausgeschlachtet bevor es überhaupt veröffentlicht ist, wodurch es als Kunstwerk an sich extrem herabgewürdigt wird. Zudem sehen wir „Converging Sins“ als Gesamtwerk, was durch die Vorabveröffentlichung einzelner Songs natürlich völlig unterminiert worden wäre.
BBU: Wie lange habt Ihr von der Idee bis zur Umsetzung gebraucht, und war lange Überzeugungsarbeit beim Label nötig, dass Ihr vorher keine Werbung wollt? Oder haben die einfach so mitgezogen?
ULTHA: Unser Verhältnis zu Vendetta läuft auf einer sehr freundschaftlichen, vertrauensvollen Basis, und Klose (der Mann hinter dem Label) musste nicht erst überzeugt werden. Wir genießen bei Vendetta ein extrem weitgehendes Mitspracherecht an allem, was unsere Releases betrifft (so wie es eigentlich grundsätzlich sein sollte) und wir wissen ziemlich genau was wir erwarten und wollen, da wir ja auch nicht erst seit gestern Musik machen und veröffentlichen. Dementsprechend funktioniert das mit Vendetta alles sehr reibungslos und für alle äußerst zufriedenstellend.
Und auch aus rein ökonomischen Gesichtspunkten, die uns als Band erstmal egal sind, sehen sowohl wir als auch unser Label keinen großen Mehrwert darin, ein Release schon auszuschlachten, bevor die Platte tatsächlich erhältlich ist. Denn ob dadurch, zumindest in den Kreisen in denen Ultha relevant ist, auch nur ein Tonträger mehr verkauft wird, ist höchst zweifelhaft. Was sich dadurch aber schon abzeichnet, ist, dass die Interviewanfragen und Reviews jetzt nach und nach eintrudeln, nicht so geballt wie sonst.
BBU: 'Converging Sins' ist Euer zweites Album. Kann man sagen, dass es von Stil her an das erste anknüpft oder geht es in eine andere Richtung?
ULTHA: Das zu bestimmen obliegt natürlich letzten Endes dem Hörer. Von unserem Standpunkt aus gesehen ist es so, dass es natürlich Anknüpfungspunkte und Gemeinsamkeiten gibt; also man erkennt schon schnell, dass es die gleiche Band ist. Und beide Alben lassen sich unstrittig als Black Metal kategorisieren. Allerdings haben wir bei „Converging Sins“ sehr viel mehr Wert darauf gelegt, eine dichte, emotionale Atmosphäre zu erzeugen und die Songs sowohl in sich als auch in Bezug aufeinander geschlossener zu halten. Das Songwriting ist deutlich mehr auf den Punkt gebracht als zuvor, obwohl die Stücke teilweise deutlich länger ausgefallen sind. Wir sind alle Musiker mit jahrelanger Erfahrung in verschiedenen Bands. Jeder hat da schon seine eigene Handschrift, seinen eigenen Stil. Das konnte man auf der ersten Platte teilweise schon noch sehr deutlich hören, auf der neuen wirkt es mehr aus einem Guss. Auch thematisch bewegt es sich in ähnlichen Gefilden, jedoch mit einem anderen Fokus. Musik und Texte von Ultha werden immer primär emotional geprägt sein.
BBU: Gibt es einen Song auf der aktuellen Scheibe, der Euch mehr Kopfzerbrechen bereitet hat, als die anderen?
ULTHA: Nicht wirklich, abgesehen von den Längen. „Bane Emanations“ war natürlich einfacher auszuloten, als wie oft wir diesen oder jenen Part in „The Night…“ wiederholen. Alles in allem kamen die Songs aber doch sehr fließend zustande, da Ralph schon immer recht genaue Vorstellungen der Songs in den Proberaum bringt und wir diese dann gemeinsam erarbeiten. Die anderen verstehen seine Art Songs zu schreiben, und er weiß, was jeder wie einbringen kann. Es ist ein sehr natürlicher Prozess, bei dem dann auch die Entstehung eines 20-minütigen Stückes nicht besonders viel Zeit in Anspruch nehmen muss. Da wir aber alle ziemliche Perfektionisten sind, dauert es meistens, bis wir auch die letzten Feinheiten ausgetüftelt haben. Es soll eben nicht überladen wirken, aber trotzdem auch nach dem zehnten Hören noch kleine aber feine Nuancen zum Entdecken geben.
BBU: Wer ist bei Euch für das Albumcover zuständig, und hat es eine besondere Bedeutung?
ULTHA: Normalerweise arbeiten wir bei allem was Artworks und Layouts betrifft mit unserem Freund und quasi sechstem Bandmitglied Thomas Reitmayer aus Wien zusammen. Bei dieser Platte gab es eine Ausnahme: Das komplette Artwork wurde von Kevin Gan Yuen (Viraloptic.com / Sutekh Hexen) entwickelt. Wir haben Kevin vorab die Songs und Texte zur Verfügung gestellt und ihm erklärt, was das übergeordnete Konzept der Platte ist und was wir uns ungefähr vorstellen. Tod und Vergängnis sind zwar nicht die vorherrschenden Themen auf „Converging Sins“, ziehen sind aber wie ein Grundrauschen durch unser komplettes Schaffen. Dementsprechend passend ist das Artwork: Man sieht skelettierte Reste von Tieren. In uns, den ach so schlauen, mit Vernunft belasteten Primaten, regen sich stets die Triebe unsere animalischen Wurzeln. Diese gewinnen oft die Oberhand über unseren Verstand und führen in der Konsequenz zu (emotionalem) Tod, durch die Fehler und „Sünden“, die man begeht.
BBU: Würdet Ihr sagen, dass sich der sprichwörtliche rote Faden durch das Album zieht?
ULTHA: Ja, tut es. Wenn man sich mit den Texten und der Musik eingehend befasst, genau liest und interpretiert, dann gibt es diesen Faden. Anders wäre die Idee eines Konzeptes hinter einem Album obsolet.
BBU: Wie würdet Ihr das Album selbst mit wenigen Worten beschreiben? Was erwartet den Hörer?
ULTHA: Ein Albtraum von den Niederungen der zwischenmenschlichen Gefühlswelt, in der es außer Unsicherheit, Enttäuschung und Verlust am Ende nichts gibt, für das es sich lohnt, weiterzumachen.
BBU: Wie sieht es mit der Live-Umsetzung aus? Stehen schon Dates für 2017 fest?
ULTHA: Im April werden wir mit unseren Freunden von WOE aus den USA für einige Tage in Europa unterwegs sein, wo wir unter anderem auch auf dem Vendetta Fest in Berlin und dem Roadburn spielen werden. Außerdem werden wir im Sommer auf dem Party.San und anderen größeren Festivals sein. Einige Wochenenden und Einzelshows sind schon in der Planung. Am 28.Januar 2017 spielen auf jeden Fall im AZ Köln unsere Album-Releaseshow mit Fyrnask, Ortega, Paramnesia und Lubbert Das.
BBU: Und nun meine letzte Frage, der sich jeder stellen muss. Lasst mal Eure Fantasie schweifen. Stellt Euch vor, es gäbe ein Musikministerium, und Ihr seid dort auch vertreten, für welches Gesetz würdet Ihr Euch stark machen?
ULTHA: Es ist verboten, ein Konzert „Ritual“ zu nennen. Es sei denn deine Band heißt Watain. Aber generell sollte das einfach niemand jemals tun. Die Strafe dafür ist jetzt schon weitläufig ausuferndes Fremdschämen.
BBU: Vielen lieben Dank für das Interview. Das letzte Wort gehört natürlich Euch.
ULTHA: Loss is all and all is lost.